("Petrus
an den Wetterreglern")
8. September 1986
Donaufest in Urfahr
Selbst Freunde von Soundchecks hatten ihre Freude, denn im Neun- Stunden-Veranstaltungsmarathon wurde die Ton-Anlage etwa zehnmal den Agierenden angepaßt. Der Besucherandrang hielt sich im Maßen, obwohl die Donaudampffestveranstaltungsgesellschft lieber Massen gesehen hätte.
Obwohl die musikalischen Höhepunkte gleichmäßig auf Beginn und Ende des Festes angesetzt waren, war das Angebot dazwischen facettenreich und komprimiert.
Das Los des Erstauftritts hatte den Wiener Ostbahn-Kurti mit seiner Chefpartie getroffen. So sah auch der Schmetterling (bei der Schmetterband heißt er Willi) auf Rockseitensprüngen seine Gage eher als Schmerzensgeld fürs Frühaufstehen denn als persönliche Bereicherung. Eine gute Auswahl seiner soliden Musik mit neuem Sologitarristen setzte auch gleich die Tageshöchsttemperaturen der Meteorologen nach oben hin außer Kraft.
Auch der Steirer Alpenrocker Wilfried, das abendliche Highlight, hatte keine Schwierigkeiten, seine Hits samt Publikum aufzuwärmen. Sein "Du hast mir mein Orange zerkratzt" widmete er spontan Anton Benya und "Run Rabbit, Run!" den Betroffenen der Sozialpartnerschaft.
Was zwischen den beiden Programmpunkten eingebettet war, braucht sich seiner Existenz nicht zu schämen. Da gab's Psycho-Rock von der in letzter Zeit wieder öfter genannten Linzer Formation "Wellblech Untergrund", kritische Musik von der burgenländischen Kroaten-Band "Bruji", Westernidylle von den Linzer "Country-Swingers", Breakdance mit drei jungen Linzern oder das Künstlerkollektiv "Valentino", das mit seiner eigenen Interpretation von vertonten Texten Bert Brechts und Erich Frieds aufhorchen ließ. Kulturelle Stadtteilbetätigung demonstrierte die Auwiesener Gruppe "Kakadu", die Playback-Musik pantomimisch hintermalte.
Während sich die jüngsten Besucher beim Stelzengehen übten, auf aufgeblasenen Plastikmatten herumturnten oder mit Bauklötzen konstruktiv waren, hatten deren Eltern Gelegenheit, bei diversen Informations-, Getränke- und Würstelständen zu goutieren.
Daß es bei einem solchen Programmangebot auch Überschneidungen geben kann, ist nicht verwunderlich. Da muß man schon selbst entscheiden, ob man lieber einer Stattwerkstatt-Performance mit barbusiger Peitschenknallerin beiwohnt, oder Texten von Burgschauspieler Herwig Seeböck, Erna Spreitzer, Traude Korosa oder Wolfgang Hel lauschen möchte.
Als gleichwertiger Ersatz für den verhinderten "Demokratischen Chor Braunau" erwies sich der Jugendchor Neumarkt im Mühlkreis, der Mikis Theodorakis' "Mauthausen-Kantate" aufführte.
Das alles wäre wohl kaum so angenehm über die beiden Bühnen gegangen, hätte nicht der himmlische Wettermacher, wie schon bei allen vorangegangenen Konzerten an diesem Platz, die Regler richtig eingestellt. Die Wortgleichheit von Petrus und Rock könnte wenigstens die Veranstalter, die das Donaufest keine Einjahresfliege sein lassen möchten, auf den Plan rufen, um ersteren zum Patron für diese Musikart zu ernennen.
© 1986 Oberösterreichische Nachrichten | Last Updated: 18.05.99 |
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