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    ("
Milchsauschlachten")


20. September 1996


Der Standard, 20. 09. 1996, von Bert Rebhandl

MILCHSAUSCHLACHTEN

Günter Brödl
Kurt Ostbahn: Hitzschlag
ÖS 198,- / 190 Seiten
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Heymon Verlag
Innsbruck, 1996

Die alkoholinduzierte Amnesie hat ja schon manchem Österreicher die Erinnerung an jene Abenteuer geraubt, an die er sich in nüchternem Zustand sowieso nie herangewagt hätte. Insofern ist es ein zwiespältiger Triumph, wenn einer am Morgen danach von einer bis dahin unbekannten Frau an einem bis dato unbekannten Ort über Taten aufgeklärt wird, mit denen man dann sozusagen erst recht nur aus zweiter Hand prahlen kann.

Besser hat es da schon einer, der selbst gar nichts mehr erleben muß, weil er das bequeme Dasein einer Kunstfigur lebt, deren Erzähler sich um alles kümmert, die dunklen Stunden nach einem Absturz im Espresso Rosi inklusive. Im Falle des Kurt Ostbahn ist der Erzähler Günter Brödl. Wer ihn nicht kennt: Der Mann ist der Erfinder von Ostbahn, dem Pop-Star, und von dem, was daraus wurde (sollte eines Tages eine Kriminalverfilmung aus dem Schwabenitzkeritz-Umkreis anstehen, müßte er aber auch dafür geradestehen).

Die meisten werden ihn, BrödI, allerdings inzwischen kennen, denn die Ostbahn-Angelegenheit liegt geradezu wie ein, auf gut Wienerisch formulierter Hyper-Text über dem Kulturschaffen dieses Landes, zumal der Protagonist ja auch politisch auf der anständigen Seite steht. Im Buch tut er das irgendwie auch, aber auf weniger souveräne Art.

Der Mann, im Vorgängerband "Blutrausch" gerade dem Schlächter von Sechshaus ent- und auf die Schliche gekommen, findet sich eines verkaterten Morgens auf Teneriffa wieder. Was dort vor sich geht, hat im weitesten Sinne mit den dilettantischen Machenschaften eines Ostbahn-Schulfreundes namens Brehm-Bertl zu tun.

Der Mann stiftet einige Verwirrung, aber Herr Kurt kennt (und haßt) ihn gut genug, um zu wissen: "Der Bertl ist zwar eine Krätzen, aber er ist kein Mörder. Und warum sollte er die Sau schlachten, die er melken will?"

Ergo muß die letalen Angelegenheiten jemand anderer betreiben, und die Sache zieht zuletzt Kreise in das deutsche Finanzverbrechen, in die Russenmafia und in eine der Welt entfremdete Datenbank-Existenz, die als "Doc" zur Mannschaft von Kurt Ostbahn gehört. Dem Mann ist das Happy End beschieden, während der schwache Held wie üblich gerade noch mit heiler Haut davon kommt - dem Gesetz der Serie zuliebe, die für Herbst 1997 bereits das nächste Ostbahn-Abenteuer ankündigt: "Platzangst". Der Mensch liebt bekanntlich Serien, also ist Günter Brödl ein Humanist.


© 1996 Der Standard

Last Updated:   31. Januar 1999

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