("Verena beißt Muamer in die Nase")
5. Juni 1998
Source: Die Presse, 05. 06. 1998
"Verena beißt Muamer in die Nase" Integration beginnt im Kleinen. Der Kindergarten des Integrationshauses in der Leopoldstadt zeigt vor, wie das Miteinander verschiedener Kulturen funktionieren kann.VON JULIA ORTNERWIEN. Acht Uhr früh im Kindergarten des Integrationshauses in der Engerthstraße: Die vierjährige Jelina aus Wien ist schon unruhig. Sie wartet ungeduldig auf ihre beste Freundin Aldijana. "Mit ihr spiele ich am liebsten", sagt Jelina. Endlich kommt das sehnsüchtig erwartete Mädchen, und die Freundinnen setzen sich an ihren Lieblingsplatz, die Puppenecke. Daß Aldijana aus Bosnien kommt, spielt für die Vierjährige keine Rolle."Wir verstehen uns als ,Kommunikationskindergarten'. Bei uns lernen Kinder verschiedener Nationalitäten miteinander umzugehen und zu reden", erklärt Eva Schimek, Leiterin des Kindergartens im Integrationshaus in der Engerthstraße in der Leopoldstadt. Die Kinder werden nicht nur in Deutsch, sondern auch in ihrer Muttersprache unterrichtet - eine türkisch- und eine serbokroatisch sprechende Betreuerin kümmern sich zusätzlich um die Kleinen.Der multikulturelle Kindergarten ist ein Projekt, das im Rahmen des Leopoldstädter Integrationshauses seit beinahe drei Jahren erfolgreich läuft. Das Integrationshaus - unter anderem von dem Rockmusiker Kurt Ostbahn unterstützt - ist ein Übergangswohnheim für 110 Flüchtlinge. Es bietet den Bewohnern neben Unterkunft psychosoziale Betreuung. Für die Kinder gibt es den Kindergarten, der auch allen Bewohnern der Leopoldstadt offensteht.
Viele Nationen vertreten
"Ich mag alle Kinder, egal woher sie kommen", erzählt der sechsjährige Veton aus Albanien in perfektem Deutsch. Er ist eines der 38 Kinder, die derzeit den Integrationshaus-Kindergarten besuchen. "Die Nationalitäten sind bunt gemischt, sogar ein Bub aus Frankreich besucht uns seit kurzem." Eva Schimek ist stolz darauf, daß sich der Kindergarten mittlerweile auch eines guten Rufes in der Nachbarschaft erfreut - 30 Kinder kommen aus dem Bezirk.Einzigartig am Integrationshaus-Kindergarten ist die spezielle Sprachförderung der Kleinen, die erstaunliche Erfolg zeigt: "Die ausländischen Kinder erfassen instinktiv, daß sie mit Kindern anderer Nationalitäten Deutsch sprechen müssen." Kommunikationsschwierigkeiten sind hier unbekannt. "Im Gegensatz zu vielen Erwachsenen kennen die Kinder kein Integrationsproblem", meint Schimek."Tante, Verena beißt Muamer in die Nase", berichtet ein kleines Mädchen aufgeregt. Die alltäglichen, kleinen Probleme. Der Kindergarten hat aber auch mit größeren Problemen zu kämpfen. Geld ist Mangelware, Schwimmbad-Besuche oder Ausflüge daher kaum erschwinglich. Deshalb dürfte der Kindergarten für manchen weniger attraktiv sein: Nur sieben Kinder mit österreichischer Staatsbürgerschaft besuchen ihn zur Zeit.
Englischkurs für Kinder
Eine Verbesserung der Situation ist in Sicht: Seit kurzem läuft im Rahmen des EU-Projektes "Comenius" ein Englischkurs für die Besucher des Kindergartens. Die Kinder werden zweimal pro Woche unterrichtet, erste Erfolge zeichnen sich bereits ab. Schimek hofft, daß der "Gratis-Englischkurs" ein Anreiz für Eltern ist: "Fremdsprachenunterricht im Kindergarten ist normalerweise sehr teuer. Vielleicht können wir mit unserem Angebot auch für österreichische Kinder interessanter werden."
© 1998 Die Presse | Last Updated: 27.12.99 |
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