("Harscher Poet")
15. April 1999
News, 15.04.1999, Seite 222-3, von Karin Lehner
HARSCHER POET
Kurt Ostbahn ist 50. Der Slang-Rocker feiert Jubiläum: mit neuer Platte, als Literatrheld und mit provokanten politischen Aussagen. Die Gelassenheit des Alters hat den rauhen Sängersmann auch mit 50 noch nicht ereilt: "Ich bin Kroate. Und wem das nicht paßt, der kriegt von mir eine auf den Suppenschlitz." Programmatischer Nachsatz: "Und basta." Verschenkte Jahre. Anlaß für derlei Durchschlagskräftigkeiten ist Kurt Ostbahns selbstausgerufenes Jubiläum "50 verschenkte Jahre im Dienste der Rockmusik . Der gebürtige Willi Resetarits, der im Dezember den 50. Geburtstag feierte, begeht sein Bühnen-Jubiläum - rein arithmetisch freilich erst das sechsundzwanzigste - in neuer Optik: "Weniga Hoar, dafia Ziegenboart." Der Charme eines handziselierten Prügels ist indes geblieben: "I gratulier´ mir." Am 30. April startet er im Salzburger Rockhouse seine fünfzigste Tour in deren Verlauf er seine neue CD und sich selbst als Literaturheld präsentiert. Das Album. Künstler Ostbahn über die CD "50 verschenkte Jahre im Dienste der Rockmusik": "Ich schrecke in den 16 neuen Songs nicht einmal vor Rockabilly oder Tex-Mex-Anleihen zurück. Ich reise durch 50 Jahre Rockgeschichte und nimm des mit, was ma g´foit. Des Tschin-Bumm, des aus Cabrios dröhnt, g´heat net dazua." Live erwartet gegerbte Kurtologen neuer Rock´n´Roll-Schmäh ("Wea is ea und wos is ea zu dia"), entflammt an alten Hadern ("Feuer", "57er Chevy"). |
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Das Buch. Als kriminalliterarische Gestalt, in Romanform gegossen von Günter Brödl, überstand er schon "Blutrausch" (1995), "Hitzschlag" (1996) und "Platzangst" (1997). Jetzt droht der "Kopfschuß" (Kremayr & Scheriau, öS 198,-). Das eben erschienene Werk treibt die Kunstfigur als Rock´n´RoII-Detektiv gen Mexiko. Mit 18.000 Verkauften pro Band schreibt die Ostbahn-Reihe längst goldene Zahlen. Edelprolet als Millionär. Insider schätzen, daß Ex~Installateur Resetarits in der von Kurt-Erfinder und "Trainer" Günter Brödl seit 1979 auf den Leib geschriebenen Rolle als Edelprolet jährlich rund 5 Millionen Schilling einstreift. "I hob halt Glück g´habt. Wos ma als Frontmann der Agit-Prop-Band "Schmetterlinge" in den frühen 70er Jahren nicht vergönnt war hol´ i halt jetzt als Dr. Ostbahn zwanzig Jahre später nach": eine Top-Karriere als Slang-Musiker der linke Sozlalbotschaften über politische Grenzen und Kopfbretter hinweg transportiert. Brödl über das Ostbahn-Geheimnis: "Der Kurt ist erfunden, aber ehrlich. Er kommt an, weil er kein durchprogrammierter Popstar ist und immer wieder für Überraschungen taugt." Wohltäter Resetarits. Während Ordinärius Ostbahn - "I scheiß ma afoch nix" - auf der Bühne in Lederhosen und Ruderleiberl agiert, widmet sich Privatier Resetarits Ernsterem: Kurtls einträglicher Brotberuf verhalf Willi 1995 zum Aufbau des Wiener Integrationshauses, einer der ersten Adressen für gelebten politischen Anstand in Österreich. Für die Aufnahme von 50 Kosovo-Flüchtlingen ist man gerüstet - "auch wenn das", befürchtet Resetarits, "einigen Politikern aus Furcht vor Haider mißfallen wird". Mit Innenminister Schlögl sei man in gutem Gesprächskontakt, nur "reden allan bringt nix". Um den Betrieb des Integrationshauses aufrechterhalten zu können, sind pro Jahr 16 Millionen Schilling vonnöten, die nur teilweise aus öffentlichen Mitteln kommen: Am 23. April steigt im Wiener Rathaus unter dem Motto "Kein Mensch ist illegal - kein Mensch ist uns ega1" zum fünften Mal der "Flüchtlingsball", dessen Einnahmen - etwa eine Million brutto - Resetarits´ Integrationshaus zugute kommen. |
Agent provocateur. Daß die Rolle des Robin Hood vom Grund im Alltag eine schwere Bürde ist, hat der "Bruce Springsteen von Simmering" ("Süddeutsche") schon des öfteren zu verkosten bekommen. Resetarits mit draller Selbstironie: "Wenn i mir einmal ein Achterl z´vü gönn - und des kummt durchaus vor -, schau´n mi die Leut glei schief an. I bin der Gut-Mensch vom Dienst, der ned Golf spün derf und mit dem Radl im Waldviertel Urlaub macht. Manchmal reizt´s mi, des Radl am Eck z´parken und mit an dicken Schlittn vorzufahren. I bin nämlich alles andere als a Asket." Die Sache erinnert an Bert Brecht. Nur, daß sich der luxuszugewandte Dichter der Entrechteten auf konkurrenzlos eigenwillige Art aus der Affäre zog: Seine Arbeitergewänder waren maßgeschneidert. |
OSTBAHN IM ORIGINALTON Dezente Worte waren noch nie die Stärke des Kurt Ostbahn alias Willi Resetarits. Mit NEWS sprach der König des Proleten-Rock über Austropop, österreichische Flüchtlingspolitik, Landeshauptmann Jörg Haider und das Leben mit 50. |
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OSTBAHN ÜBER AUSTROPOP: "Es ist peinlich, wenn manche meiner Kollegen ihr Air-play auf Ö3 quasi per Gerichtsbeschluß einfordern wollen. Wir haben so was nicht nötig und unsere Chancen auch so." OSTBAHN ÜBER FLÜCHTLINGSPOLITIK: "So viele Kosovo-Flüchtlinge wie möglich werden vor Ort bleiben. Andere kommen zu uns. Unsere Politiker wollen aber aus lauter Furcht vor Haider nicht zu viele aufnehmen." OSTBAHN ÜBER KARL SCHLÖGL: "Der Innenminister ist ein freundlicher Mann, aber in seiner Politik sehr restriktiv. Er scheut das Gespräch nicht, aber reden allein nutzt nix. Er geht genauso restriktiv vor, wie sich das die Freiheitliche Partei von ihm wünscht. Sein Vorgänger Einem plante wenigstens die richtigen Maßnahmen." |
OSTBAHN ÜBER JÖRG HAIDER: "Ich weigere mich mittlerweile, zuviel über Haider nachzudenken, weil ich mein Hirn fruchtbringender einsetzen kann und möchte." OSTBAHN ÜBER SEIN IMAGE: "Mit der politischen Korrektheit habe ich ein Problem. Ich habe mich - warum auch immer - auf Flüchtlinge spezialisiert, es hätte aber auch Bergbauern, Behinderte oder Rollstuhlfahrer treffen können." |
OSTBAHN ÜBER RESETARITS: "Die Grenzen sind verschwommen. Der Private ist der Willi und der Öffentliche der Kurt. Der Willi kann sich hinter dem komischen Kurt herrlich verstecken. Das ist praktisch." OSTBAHN ÜBER DAS LEBEN MIT 50: "Am besten. man hat wie ich keine guten Vorsätze. Ich freue mich auf meine 50. Tour. Das ist mein Jungbrunnen. Ich habe die heilende Wirkung des Rock´n´Roll entdeckt und erfreue mich daher bei meinen Konzerten quasi musiktherapeutischer Veranstaltungen. Mir geht es nicht um Geld & Ruhm, woanders würde ich mehr verdienen, ich bin einfach süchtig nach Rock´n´Roll." |
© 1999 News | Last Updated: 25.04.99 |
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