("Der 'Abgeschobene' am
Flüchtlingsball")
26. April 1999
Der Standard, 26. April 1999, Seite 10
Der "Abgeschobene" am Flüchtlingsball"Kein Mensch ist illegal" - Baris nicht mehrWien - Mit einem "Bescheid" der besonderen Art wurden die Besucher des 5. Wiener Flüchtlingsballs am vergangenen Freitag begrüßt: Beim Betreten des Rathauses bekamen sie ein Flugblatt in die Hand gedrückt, vermittels dessen ein "Aufenthaltsverbot" gegen sie ausgesprochen wurde. Bis Mitternacht konnte jeder beim Infostand der Kampagne "Kein Mensch ist illegal" das Rechtsmittel der Berufung einbringen. Der Andrang hielt sich in Grenzen: Bis zum Ablauf der Frist hatte gerade ein Besucher von diesem Recht Gebrauch gemacht.Trotzdem wertet die Kampagne, die es sich zum Ziel setzt, über die Auswirkungen von Illegalität zu informieren, die Aktion als Erfolg. Schließlich seien die Ballgäste ja in erster Linie gekommen, um sich zu amüsieren - und einen Ehrengast zu feiern. Wie formulierte es Gastgeber Willi Resetarits alias Ostbahn Kurti: "Als wir ihn zum Ehrenschützer dieser Veranstaltung gemacht haben, wußten wir nicht, daß er heute hier bei uns sein wird: Baris Keles." Der 18jährige war zum Symbolfall für alle jene Jugendliche geworden, die unverschuldet zu "Illegalen" werden. Nachdem er mit 13 mit einem Touristenvisum nach Österreich eingereist war und hier die Schule besucht hatte, wurde er im Zuge einer Ausweiskontrolle verhaftet - und am 15. Jänner im Pyjama in die Türkei abgeschoben. Der Fall erregte große mediale Aufmerksamkeit. Nicht zuletzt Dank der Proteste und Spendensammlungen des Vereins "Echo" und seines Obmannes Bülent Öztoplu ist Baris mit einem Visum für "privaten Aufenthalt" seit vergangener Woche wieder in Wien: "Er ist noch ganz geschockt wegen der großen Aufmerksamkeit, die ihm geschenkt wird. Daß sich Leute, die nicht mit ihm verwandt sind, derart für ihn einsetzen, kann er nicht fassen", so Öztoplu über seinen Schützling. Der macht inzwischen auf der Bühne gute Figur und bedankt sich gefaßt bei allen Helfern. Wie es weiter gehen soll mit ihm, ist unklar. Die Arbeitsgenehmigung steht noch aus. Wird diese erteilt, kann ihm der Verein Echo durch einen Posten als Hauskraft eine vorläufige Absicherung bieten. Dann will man gemeinsam an die Jobsuche gehen. Man sei diesbezüglich bereits mit einigen Firmen in Kontakt, so Öztoplu. "Dachdecker vielleicht", meint Baris auf die Frage nach seinem Berufswunsch. Und wirkt dabei sehr unsicher. Selbstverständlich ist es für ihn nicht, sich etwas wünschen zu können. (tapa) |
© 1999 Der Standard | Last Updated: 27.05.99 |
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