("Der Berg ruft den Ritter
bis er bricht")
29. Jänner 1999
Wer jetzt den Fernseher aufdreht, sich hinkuschelt auf den Ottoman, Glühwein daneben oder Punsch, dem Robert Seeger zuhört und dem Armin Assinger, oder gar dem Hans Hinterseer mit seiner ins Mittelhochdeutsche hinüberlappenden Grammatik, wer jetzt also den Fernseher aufdreht, der könnte zur Überzeugung gelangen, daß der Winter schon immer jener Frühling gewesen ist, als den sie ihn heute zelebrieren: fun, action, sunshine.
Dieser Eindruck ist wahrscheinlich die größte Leistung, die der alpine Skisport je erbracht hat.
Früher, so heißt es, war der Winter hart und freudlos. Voll Einsamkeit und den daraus resultierenden Gedanken, die sich zu einem monatelangen Sinnieren von Allerheiligen bis Maria Lichtmeß klumpten. Erst seit es Skirennen gibt und ihre vorgelagerte Organisation, den Skitourismus, ist der winterliche Berg ein gemütlicher Raum geworden, in dem Menschen wohnen können. Wie man weiß, ist der Skisport eine österreichische Erfindung. Und so läßt sich auch sagen, daß es Österreich gewesen ist, das dem Drachen Winter den Kopf abgeschlagen hat. Die Ski-Weltmeisterschaften sind bis heute Turniere zu Ehren dieses rotweißroten Ritters.
Leid des Ritters1937 wurde das Turnier erstmals ausgetragen. Österreichische Sieger gab es keine, aber das darf nicht überraschen. Schon im Jahr zuvor, bei den Nazispielen von Garmisch-Partenkirchen, erteilte man den besten Österreichern Startverbot, weil sie als Skilehrer ja dem hehren Sport auf schnöd berufliche Weise frönten. So zieht sich durch die Geschichte der alpinen Ski-WM von Anfang an auch eine Spur des Leidens, das die Welt Österreich zugefügt hat: über die Geschichte mit Karl Schranz bis zur erbärmlichen WM in Crans Montana, als die anderen das Wunderwachs verwendeten, währen Österreicher an nichts Schlechtes dachten.
Wer also kann es den Österreichern verdenken, wenn sie in Zeiten wie diesen (Maier,
Raich, Meißnitzer) und jenen (Sailer, Klammer, Pröll) ein wenig übermütig werden und
in den von Elmar Oberhauser dirigierten Chor mit einstimmen? Ihn anzustimmen kann zuweilen
zu Mißverständnissen führen. Das Ausland mag es Chauvinismus nennen. Der
Österreicher weiß es besser, es ist beinahe mystisch. Denn wenn neun unter den ersten
fünf sind
(K. Ostbahn), dann ist Österreich mitten unter ihnen.
Morgen: Österr. Wörterbuch zum alpinen Skilauf.
© 1999 Der Standard | Last Updated: 31.05.99 |
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