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    ("Röma samma! Puntigamma!")


19. September 2000


DER STANDARD, 19. September 2000

Neu übersetzt, aus gegebenem Anlass: "Asterix ba di Olümpischn Schpüle"

"Röma samma! Puntigamma!"

Auf "Asterix"-Adaptionen von H. C. Artmann, Felix Mitterer und Dr. Kurt Ostbahn folgte nun eine steirische Olympia-Variation von Reinhard P. Gruber: Richard Reichensperger über eine reizvolle Unterabteilung der heimischen literarischen Übersetzungskultur.

Wenigstens die Welt des Comics ist noch gerecht: Bei der Olympiade, an der "das Zniachtl" Asterix "a xscheida Knoupf", wie er in Reinhard P. Grubers neuer Übersetzung ins Steirische heißt, teilnimmt, siegt zuletzt derjenige, der nicht gedopt ist. Die anderen werden disqualifiziert: blaue Zungen bei improvisiertem Dopingtest!

Jawohl, einmal nahm Asterix keinen Zaubertrank. Den braucht ein echter Mann auch nicht, sofern er - was wohl ein Synonym für "echter Mann" ist - ein Steirer ist. Dabei hatten die Römer eine blonde Eiche namens "Aanold" (Waunn I Kumm, Gips Aktschn!) ins Rennen geschickt: Do Geet die Poust (ja: nicht "Proust"!) ob.

Sie sehen: Das kleine gallische Dorf liegt in der Steiermark. Und es zieht endlich in die Welt, nach Olympia. Allerdings musste Miraculix seinen Steirern erst erklären, was eine Olympiade ist: "Des is a Riisn-Hek-Mek. Wea duat quing, kummt soufuat in di Seitnblicke vua und sei Laundeschef aa." Asterix wird also ganz soziologisch, er erkennt den Zusammenhang von Sport, Macht und Boulevard.

Seit einigen Jahren werden die Klassiker, die der Dichter René Goscinny und der Zeichner Albert Uderzo ab 1959 in einer Pariser Zeitschrift entwickelten und 1961 mit Astérix le Gaulois in die Welt setzten, in Regionaldialekte übersetzt. Eine zwingende Idee: Nicht nur, weil die Figuren in die Alltagskultur eingegangen sind - als Bilder, aber auch in Form von Redewendungen ("Die spinnen, die Römer!"). Das Sprachmaterial lag also schon bereit und wartete auf Variationen: Wie man ja im 19. Jahrhundert das Pariser Vaudeville und Offenbachs Operette europaweit an Kulturräume adaptierte.

Aber es gibt noch einen Grund, welcher die Asterix-Übersetzungen von H. C. Artmann, Felix Mitterer, Dr. Kurt Ostbahn und R.P.Gruber so erfrischend macht: Das gallische Dorf steht als Provinz gegen das Zentrum, gegen die Macht. Klar, dass es unter dem Slogan "ein Europa der Regionen" neu belebt werden kann.

Die Betonung des Widerstands war allerdings immer ein Mythos (und weil man auch hierzulande gerne Helden erfindet, passt er auch so gut in österreichische Dialekte): Cäsar berichtet von geringem Widerstand, als er 50 v.Chr. in die Bretagne einmarschierte. Die Widerstands-Mär stammt aus dem 19. Jahrhundert, als Victor Hugo und Honoré de Balzac die französischen Provinzen als Kräfte gegen Paris aufbauten.

Im gallischen und steirischen und auch im wienerischen Dorf prallen aber auch zwei Zeitverständnisse, welche die Moderne prägten, aufeinander: hier die stillstehende Zeit menschlicher Gemeinschaft (Dorf und Steiermark), dort - in Rom, Athen etc. - die in Kriegslagern leer hingebrachte Zeit voller Ödnis und Langeweile in einer unübersichtlich gewordenen Gesellschaft. Deshalb kommt der Wirbel mit der Olympiade gerade recht: Die Leere soll die Leere vertreiben. Und das in Variationen:

H. C. Artmann schickt sie in die Fremdenlegion, durchaus interkulturell und vielsprachig (ein Ägypter, ein Brite, ein Grieche usw.). Während bei Artmann Idefix einfach "Wuff!" bellt, wird das bei R. P. Gruber zu "Wouff?" Aber das ist nicht der einzige Unterschied: Artmanns Dialektverständnis rührt aus der Wiener Gruppe, als er mit Gerhard Rühm gemeinsam eine "fonetische Schreibung" des Dialekts entwickelte, die viele Klangfarben in den Vokalen spiegeln kann.

Überdies kann Artmann aus einer Hauptquelle des Wienerischen, der Gaunersprache, ganze Wendungen auch seinen gallischen Helden in den Mund legen, etwa: "an waatschnbaam aufstöön" (jemanden verprügeln, was Obelix ja bekanntlich besonders gerne macht). Und der Zaubertrank ist bei ihm böhmisch, nämlich "piwo".

R. P. Gruber verfährt in seinem Steirereck-Olympia anders, weniger sparsam, aber auch witzig und legitim. Er überträgt bedenkenlos seine Olympiade in die Gegenwart: Da rufen die Gallier, die nur mit Hinweis auf die römische Besetzung an Olympia teilnehmen dürfen: "Röma samma, Puntigamma!", und Majestix, zuerst noch auf das Zaubertrank-Doping spekulierend, ist sich sicher: "I wass schou vuan Anpfiff, dass Sturm quing."


© 2000  Der Standard

Last Updated: 26. September 2000

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