Das Interview wurde in Wiener Neustadt im Gasthaus Weisses Rössel geführt. Dokumentiert wurde dieses Gespräch vom Journalisten Stefan Wagner. Erschienen ist es in der Sommerausgabe der NÖ Wirtshauszeitung.

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"Ich bin der beste Gast der Welt"

Der bekannte Philosoph Kurt Ostbahn, assistiert vom ebenfalls zur hohen Philosophie talentierten Bühnenwirt Dieter Juster, arbeitend am Wirtshaustisch, konfrontiert mit weitläufigem Themenkomplex: Wirtshaus, Genuß, Askese. Und die unumgängliche Autorität des guten Wirten.

Das blühende Leben betritt in Gestalt des Kurt Ostbahn die Gastwirtschaft. Der fünfzig Jahre alte Körper des Herrn Ostbahn, vor kurzem noch zur Gänze an die Rockmusik verschenkt, zeigt sich prachtvoll erfrischt von schadlos überstandener FX-Mayer Kur (inklusive Teeverkostung, welche aber eine ironische Veranstaltung war, wie er versichert). Ostbahn verlangt nach einem Achtel vom Besseren und einen Krug Leitungswasser. Denn das Wasser, sagt er, "ist eine Medizin", gießt diese in ein Glas, schließt die Augen, parkt den Kopf im Nacken und leert das Glas in sagenhaftem Schluck.
Sagt: "Augen zu und runter damit", beutelt die Wangen in Roßart, erhebt das Glas des besseren Roten, prostet, nippt, schmeckt und sagt: "Guat." Darauf beginnt das Gespräch.

ostbahn-regiestuhl.gif (25423 Byte) Juster: Kurt und Kur? Das ist aber sicher nicht im Sinne der Wirten!, allein die Vorbildwirkung!
Ostbahn: Im Gegenteil. Der Wirt hat ein fundamentales Interesse an der Gesundheit des Gastes. Und weißt du, es ist auch etwas katholisches am Gastsein: Der Mensch kann mit allen Kräften sündigen, aber er kann hernach auch Verzeihung erlangen, kann Abbitte verlangen in Gestalt einer Kur. Und es ist auch letztlich auch für den Wirt was G´scheites, wenn er dem Gast einmal vier Woche freigibt. Die Innereien jubeln über so einen Freigang!
Juster: Zumal er ja wieder zurückkommt, der Gast.
Ostbahn: Und wie! Es ist auch eine Schule des Essens. Nach so einer Kur merkt man erst, wie´s wirklich schmeckt. Nämlich: super! Mir wird jetzt immer mein Essen kalt, weil ich so herumtu´ damit, weil ich ja das Genießen entdeckt hab´, durch meine vorübergehende Askese. Ich ess´ jetzt auch mehr Fisch als früher. Es wird z´wenig Fisch ´gessen bei uns.
Juster: Ist das jetzt eine Zuwendung an das gesunde Essen?
Ostbahn: Ich seh´ das so: Ein Bruckfleisch oder so was von der deftigen Partie, das ist kein Nahrungsmittel. Das ist ein Genußmittel. Das muß man ja nicht jeden Tag zu sich nehmen, sondern das genügt hin und wieder.
Der gastgebende Wirt, Herr Auer, erneuert den Vorrat an der Medizin und am Genußmittel des besseren Roten. Dieter Juster serviert ein neues Thema: seinen Plan, ein Monat lang Künstlern sein Bühnenwirtshaus zur Verfügung zu stellen, damit diese dortselbst als Wirte arbeiten. Wilfried und sein 4xang etwa haben bereits zugesagt.

Ostbahn: Mit mir geht so was nicht. Ich bleibe Gast- Ich meine: Man muß gewisse Rollenteilungen akzeptieren. Außerdem: Wirtsein wär´mir zu schwer. Was das an psychologischen Fähigkeiten verlangt! Beinahe überirdisch!
Juster: Aber als Gast bist du geeignet?
Ostbahn: In aller Bescheidenheit: Ich bin der beste Gast der Welt! Ich verhalte mich durchgehend artig und höflich. Ich bestehe fast ausschließlich aus Pflegeleichtigkeit.
Juster: Wie äußert sich die?
Ostbahn: In meiner Experimentierbereitschaft. Am liebsten hab ich die Wirtshäuser, die eine ganz dünne Speisekarte haben. Ein frisches Gericht und ein zweites, ein Standardgericht, für die, die das erste nicht mögen, das ist für mich das ideale Wirtshaus. Deswegen frag ich auch als erstes: "Was soll ich essen?" Und wenn der Wirt drauf sagt: "Was Sie wollen", dann tu ich mir schwer. Ich möchte diesen Dialog zwischen Wirt und Gast, diese Partnerschaft: Er trifft eine Empfehlung, und ich verhalte mich folgsam.

Juster: Ist das eine Partnerschaft auf gleicher Ebene? Oder schätzt du Hierachien im Wirtshaus?
Ostbahn: Ich hab kein Bedürfnis, als Gast vom Wirten gewürdigt zu werden, in dem Sinn, daß er küßdiehand um mich herum schwanzelt. Das brauch´ i net. Der gute Wirt besitzt eine gesunde Autorität. Und ich brauch die auch.
Juster: Auf deiner aktuellen CD singst du aber vehement gegen die Durchsetzung einer Sperrstunde. Eine Art gastronomisches Protestlied?
Ostbahn: Stilvolle Auflehnung gegen Autoritäten hat mitunter ihren eigenen Reiz. Und kann schöne Ergebnisse bringen. Einer aus meiner Band arbeitet in einem Lokal, und er hat einmal den schönen Satz gesagt, aus Anlaß der unumstößlichen Sperrstunde, zu einer besonders gehunwilligen Runde: "Heimgeh´n braucht´s net. Aber dableiben könnts auch net." So was akzeptiert ma ja dann.

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Wirt Auer stillt den Bedarf an neuem Vorrat des besseren Roten. Wirt Juster serviert ein neues Thema: Herrn Ostbahns kulinarische Ausrichtung.
Ostbahn: Also, an einen g´scheiten Krautfleisch, Reisfleisch, oder Szegedinergulasch komm´ich nicht vorbei.
Juster: Und das Saisonale, das ja gerade am Land so unmittelbar funktioniert? Im Frühjahr den Bärlauch, dann den Spargel, im Herbst das Wild? Erscheint dir das kandidelt? Oder magst du so was?
Ostbahn: Na hundert pro! Das ist eine G´schicht, die ins Leben eingreift, wenn man irgendwie traditionell leben will. Der Idealfall ist ja: Wenn man an einer Wiese oder einem Wald vorbeifährt, wo gerade was reif wird, und der Wirt das einem dann serviert. Wenn man den Wechsel der Jahreszeiten in der Natur wahrnimmt, wär´ man ja blöd, wenn man sie nicht auch am Wirtshaustisch wahrnehmen würd´.
Juster: Danke für das Gespräch. Ich freu mich schon auf das Konzert mit dir und deiner Kombo beim Hanslteich am 9. Juli.