Veröffentlicht: 2000 |
Buch: Deuticke ISBN 3-216-30550-3 |
Rezension bei
«Mord-Express. Die
grössten Verbrechen in der Geschichte der Eisenbahn»
300 Seiten, 35 Fr., Deuticke Verlag.
Peter Hiess und Christian Lunzeras haben ihr Buch weniger analytisch als episodisch aufgebaut. Es schildert in Einzelgeschichten Fälle von Zug-Delinquenz, durchaus nicht nur Morde, sondern auch Sabotageakte, Postraub und Sexualverbrechen.
Mit dem Zug ins Jenseits
Koffermörder, reisende Serienkiller, Frachtzug-Gangs: Das Sachbuch «Mord-Express» schildert die Eisenbahn als Ort des Verbrechens.
Von Thomas Widmer
Verdammt, der Waschraum ist dauernd besetzt! Die Passagiere des Schnellzugs La Spezia-Venedig beschweren sich beim Zugbegleiter. Der öffnet die Tür. Kein schöner Anblick: Eine junge Frau kniet, in sich zusammengesunken, das Gesicht zur Wand, inmitten einer Blutlache. Ein Mord. Der Täter hat aus nächster Nähe geschossen. Hat das Opfer niederknien lassen, hat es dann exekutiert. Hat die Leiche, mittels eines Spezialschlüssels, eingesperrt.
Das Verbrechen im Zug treibt im Frühjahr 1998 Italien um, es bildet mit anderen Morden eine blutige Serie. Nach intensiver Fahndung kommt die Polizei dem Mörder auf die Spur. Der Süditaliener Donato Bilancia, ein Glücksspieler, gesteht 17 Tötungen. Sein Motiv: Frauenhass.
Tatort Zug. Die Delinquenz auf Schienen hat Tradition. Bilancia, das «Monster der Riviera», ist nur einer von mehreren Serien-Killern, die in den letzten 150 Jahren Züge und ihre Passagiere heimsuchten. Das eben erschienene Sachbuch «Mord-Express» schildert «Die grössten Verbrechen in der Geschichte der Eisenbahn».
Eine ergiebige Lektüre, weil sie Zusammenhänge
zeigt. Die Verbrechen inspirierten zum Beispiel Schriftsteller und Schriftstellerinnen.
Berühmt sind Agatha Christies Krimis «16 Uhr 50 ab Paddington» und «Mord im
Orientexpress». Der klassische Eisenbahnroman des 19. Jahrhunderts ist Emile Zolas «Die
Bestie im Menschen» von 1890. Darin wird ein Gerichtspräsident im Schnellzug Paris-Le
Havre getötet.
Zola recherchierte minuziös und fuhr die Strecke vor dem Schreiben in der Lok ab. Über
die Menschen sagt er: «Und wenn sie mit der Eisenbahn fahren, auch wenn die Erfindung
laufend verbessert wird, sie bleiben doch die wilden Tiere.»
Posträuber. Bahnerpresser. Bahnsabo-teure. Abteilmörder. Bahnhofmörder. Zug-Lustmörder. Alles begann damit, dass die frühen Passagierabteile den Postkutschen-abteilen nachgebildet wurden; sie waren nur von aussen zugänglich und nicht miteinander verbunden, so dass Reisende für die Dauer der Reise ihrem Gegenüber ausgeliefert waren. Das beflügelte kollektive Ängste und motivierte Verbrecher.
Wie jede Art von Verbrechen reflektieren Eisenbahnverbrechen ihre Gesellschaft. Bis zum Ersten Weltkrieg erforderten die Kleiderregeln von gutbürgerlichen Reisenden die Mitnahme grosser Schrankkoffer. Das passende Delikt: der Koffermord. Einige Male nutzten Mörder die Bahnpost, um ihr Opfer auf eine lange letzte Reise zu schicken oder mindestens zeitweise bei der Gepäckaufbewahrung zu entsorgen. Ein typischer Fall: 1860 ärgerten sich die Bahnhofsbeamten von Rzeszow in Polen über den Gestank in der Frachthalle. In einem Koffer aus Wien entdeckten sie die Reste des Fabrikanten Carl Hurtz. Der Mörder war, zeigte sich, dessen Buchhalter.
«Mord-Express», zu dem Exkurse in die Geschichte der Eisenbahn und der Bahnhöfe gehören, endet in der Gegenwart. Wohl das spannendste Kapitel: das über die FTRA in den USA, eine Bruderschaft von Zug-Tramps, so genannten Hobos. «Es sind dreckige, gewalttätige Raubtiere», sagt ein Polizist. Das romantische Klischee präsentiert Hobos als letzte Abenteurer eines durchtechnisierten und entindividualisierten Kontinents, und war nicht auch Bob-Dylan-Idol Woodie Guthrie als Zugspringer unterwegs? Doch gibt es Indizien, dass die Hobos, mit bleiverstärkten Axtgriffen bewaffnet, eine Verbrecher-Organisation mit Standbein im Drogenhandel sind.
Die Eisenbahn, sie dürfte uns auch im 21. Jahrhundert ein Faszinosum bleiben.
Peter Hiess & Christian Lunzer: Mord-Express
Geschrieben von redaktion_erlesenes am
Freitag, Dezember 15 @ 19:24:13 GMT+1
Bereitgestellt von redaktion_erlesenes
Die größten Verbrechen in der Geschichte der Eisenbahn. Reiselektüre der anderen Art
Ein Zug ist schon etwas Eigenartiges. Man kann darin außer reisen, auch Fahrgäste
ausplündern, ermorden, sie aus dem Zug werfen, den Zug entgleisen lassen, den Postwaggon
ausrauben, oder einfach illegal mitfahren. Was kriminellen Zeitgenossen zu diesem
Fortbewegungsmittel alles eingefallen ist, schildern die Autoren mit Akribie und Ausdauer.
Sie lassen die berühmtesten Fälle,- die beileibe nicht alle gelöst wurden - Revue
passieren und würdigen dabei auch einige der herausragenden österreichischen Verbrechen.
Eingestreute Reflexionen zu der Lebensweise der Hobos, der Bauweise der Bahnhöfe oder den
diversen Varianten von Sabotage und Erpressung verbinden den Schauder des Verbrechens mit
sachdienlich-bildenden Informationen.
Ingeborg Sperl
© 2001 Franz D | Last Updated: 21. Juli 2001 |
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