Wien (W)
Porgy & Bess
16. September 2007
1st Set: Karl Ritter & Ensemble
Karl Ritter: guitar
Nika Zach: vocals
Toni Burger: violin
Mamadou Diabate: balafon
Bernd Satzinger: bass
Herbert Pirker: drums
2nd Set: Weisse Wände Nur fuer kurze Zeit
Christian Reiner: voice
Karl Ritter: guitars
Herbert Pirker: drums
Gäste: Markus Dorninger, Mattias Fritz: visuals
Als es die Beatles schon nicht mehr als Band gab, brachten sie (oder die Herrschaften
bei der Plattenfirma) zwei Doppelalben heraus, die noch heute in keiner Fab Four-Sammlung
fehlen dürfen und für viele erst den Einstieg in die Musik der wohl bedeutendsten Band
des 20. Jahrhundert darstellten: das rote und das blaue Album, die
ihre wichtigsten Songs aus den Jahren 19621966 bzw. 19671970 enthielten.
Da es Karl Ritter als Solo-/Ensemblemusiker und österreichischen Ausnahmegitarristen
immer noch gibt und er aktiver ist denn je , kann er nicht ewig darauf
warten, daß irgendein Label seine Werkschau herausbringt. Sein rotes und sein blaues
Album erscheinen also schon jetzt. Die beiden Tonträger stellen ebenfalls verschiedene
Aspekte des künstlerischen Schaffens vor; im Unterschied zu den Beatles entstammen diese
aber nicht aufeinanderfolgenden kreativen Phasen, sondern sind parallel und in der
jüngeren Vergangenheit entstanden. Auch wenn sie sich anhören, als würden zwei völlig
verschiedene Musiker dahinterstecken
Das blaue, akustische Album präsentiert die
ruhigere, gelassenere Seite Ritters, seine ganz private Auffassung von Folk,
Lagerfeuermusik und der Spur Blues, die bei traditionellem Gitarrenspiel nie fehlen darf:
Die Welt des kleinen Klangraumorchesters, wie er das einmal genannt hat. Auf
dem roten Album regiert das elektrische, elektronische Experiment; da überrascht Karl
Ritter mit Noise-Attacken, Ausflügen in das Innere von Computerchips, Reisen durch die
Welt der Geräusche und ungewohnten Töne. Zusammen ergeben die beiden CDs das Hörbild
eines vielseitigen Künstlers, der in der Rock-, Pop-, Film- und Instrumentalmusik dieses
(und nicht nur dieses) Landes bereits viel zu sagen hatte und noch viel zu sagen
haben wird. Lassen Sie sich überraschen, hören Sie gut zu und stellen Sie dann die
beiden Alben in Ihren Plattenschrank. Gleich neben die Beatles.
Weisse Wände. Verflieste Wände in Operationssälen, Gummiwände in der
Nervenheilanstalt, steril ausgemalte Wände in Wohnungen und Büros, gesichtslose Fassaden
aber immer zugleich die Möglichkeit, dieses grelle, leere, inhaltslose Weiß zu
beschriften, betexten, mit Graffiti oder einem Jahrhundertroman zu beschmieren,
Musikstücke darauf zu komponieren, es als Kreativfläche zu benützen, bis die Beamten
beschließen, es wieder übermalen zu lassen. Und damit neue Weisse Wände entstehen
lassen. Das Projekt Weisse Wände, dessen erste CD nicht umsonst den Titel nur fuer
kurze zeit trägt, zelebriert die hohe Kunst der Improvisation, ohne sich dabei in
Free-Jazz oder Pure-Noise-Selbstbefriedigung zu verlieren. Fertige Stücke finden sich nur
auf Tonträgern, die Konzerte aber sind jedes für sich ein Neubeginn und werden
auch von Videokünstlern begleitet, die dazu live auf Videowalls zeichnen und den Gig
mitdrehen
(Peter Hiess)
Wer sich nun gar nicht mehr auskennt: Herr Ritter präsentiert an diesem Abend insgesamt drei (!!) neue CDs. Das nennt man fleissig. CH
Copyright 2007 | Last Updated: 29. Juli 2007 |
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