Tini Kainrath - Willi Resetarits - StringFizz:
I got rhythm. wosbrauchimea?
· Ouverture 2:06 · They all laughed 3:02 · Mia zwa - The man I love 4:44 · I hob Rhythmus - I got rhythm 3:16 · Embraceable 4:17 · Wahnsinniger Rhythmus - Fascinating rhythm 3:02 · Summa is - Summertime 3:06 · Bess du bist ob jetz mei Frau -
Bess you is my woman now 4:51 · I waas ned obs wiaklich so woa -
It ain't necessarily so 2:43 · Kumm hoit mi Porgy - I loves you Porgy 3:47 · Stiagn bis ins Himmelreich -
I'll build a stairway to paradise 3:26 · Nua ned fia mi - But not for me 2:50 · Die die aufpasst auf mi -
Someone to watch over me 4:12 · Vom Strauss - By Strauss 2:28 · Lorelei - Loreley 2:41 · A Newö heit - A foggy day 2:59 · Nice work if you can get it 3:26 · Mia zwa mia bleim beinand - Love is here to stay 4:17 · Gemmas doch afoch auf -
Let's call the whole thing off 4:20 · Des nimmt ma kana weg -
They can't take that away from me 3:40
Tini Kainrath – Gesang Wilhelm Resetarits – Gesang Veronika Gottfried – Violine 1 Sophie Gansch – Violine 2 Ines Miklin – Viola Marianne Bruckner – Cello
Aufgenommen und gemischt von Franz Schaden
im Studio Wavegarden in Mitterretzbach
Mastering: Patrick Pulsinger
„Ein Wiener und eine Wienerin singen Opernarien in einer von Weißen
erfundenen amerikanisch- englischen Mundart der schwarzen Slumbewohner von
Charlotte, N.C. der 1920er Jahre. Weil warum? Lasst uns die Szenerie in
die Wiener Vorstadt verlagern und im Wiener Dialekt singen! Damit dienen
wir den Intentionen der Gershwins besser und auch das Publikum versteht
besser, worum es geht.“
Wilhelm Resetarits
I got rhythm. wosbrauchimea?
Die Brüder George und Ira Gershwin haben mit ihren Musicals und Liedern
die Stimmung einer gesamten Epoche geprägt – nein, eigentlich zweier
Epochen.
Es waren zunächst die USA der Wirtschaftskrise, die sich Ende der 20erund
Anfang der 30er-Jahre durch die Melodien und Texte George und Ira
Gershwins zumindest moralisch von der Depression befreiten. Es waren die
Lieder, die mit feinem Witz und Einfühlsamkeit von einfachen Menschen
erzählten, ihren Träumen und ihren Geschichten, die im Stande waren, einer
ganzen Nation Mut zu machen. Dann, nach dem 2. Weltkrieg, lange nach dem
Tod von George Gershwin, der ja bereits 1937 mitten während einer Probe
einem Gehirnschlag erlag, wurden ihre Werke, die durch die
unterschiedlichsten Interpretationen unsterblich geworden sind, Ausdruck
eines eigenen, amerikanischen Lebensstils: die Oper „Porgy&Bess“, die
Musicals, wie etwa „Lady be good“, und die Filme mit Ginger Rogers und
Fred Astaire, wie „Shall we dance“, die für die Blütezeit Hollywoods und
des Nachkriegsamerikas stehen. Besonders populär wurden die Brüder
Gershwin jedoch durch ihre Lieder, die, wie „Summertime“ oder „The Man I
love“, von allen großen Sängern der unterschiedlichsten Traditionen, ob
Jazz, Bebop, Klassik oder Rock‘n Roll, interpretiert wurden. Diese Liste
reicht von Ella Fitzgerald, Frank Sinatra, Luis Armstrong über Miles
Davis, Billie Holliday, Herbie Hancock bis hin zu Janis Joplin und Peter
Gabriel. Wenn sich nun zwei Ausnahmekünstler wie Tini Kainrath und Willi
Resetarits mit Österreichs unkonventionellstem Streichquartett
zusammentun, um sich mit Giganten wie den Gershwins zu befassen, ist es
von vornherein klar, dass es nicht einfach eine weitere dieser vielen
„Gershwin-Interpretationen“ wird.
Tini Kainrath ist die Sängerin mit einer der wohl
außergewöhnlichsten Stimmen des Landes und hat wahrscheinlich deshalb von
Anfang an im heimischen Mainstream nie eine Heimat finden wollen. Sie
lebte ihre künstlerische Radikalität lieber in den unterschiedlichsten
Formationen im In- und Ausland aus, sei es nun die Hallucination Company,
The Rounder Girls oder als Dancing Star. Was immer sie tut, sie macht es
aus einer tiefen Überzeugung, wie sie nur Künstlerinnen besitzen, die so
eine unverwechselbare Handschrift haben, wie sie. Tini Kainrath hat eine
unbeirrbare Geschmackssicherheit in eigener Sache und trifft damit in
jeder Situation unmittelbar ins Herz. Die Interpretation der „Juliet
Letters“ von Elvis Costello war ihre erste Zusammenarbeit mit StringFizz
und eröffnete uns einen völlig neuen Zugang zu diesem Werk.
Wilhelm Resetarits ist einer der vielseitigsten und doch
geradlinigsten Musiker dieses Landes. Obwohl er sich seit Jahrzehnten
virtuos zwischen den unterschiedlichsten Genres bewegt, sei es als
Opernsänger in einer Oper von Manuel De Falla, als Jazz-Sänger mit
Wolfgang Puschnig, als ergriffener Vortragender von Teuschls „Da Jesus und
seine Hawara“ mit Karl Ritter als Gitarristen, als Musiker mit seiner
Formation „Stubnblues“, als Radiomoderator, der wöchentlich „Trost und
Rat“ spendet, oder als inzwischen pensionierter Vorstadt-Rocker „Ostbahn
Kurti“. Wilhelm Resetarits ist ein großer Humanist und Kunstvermittler,
der aus der gleichen Liebe zu den Menschen, wie sie wohl auch George und
Ira Gershwin besaßen, im Stande ist, über alle Genregrenzen hinweg von
Dingen zu erzählen, die wesentlich sind, weil sie mit dem zu tun haben,
was für die Menschen wichtig ist, für die sie musizieren – die großen
Gefühle des kleinen Alltags.
StringFizz ist nicht nur ein Streichquartett – doch, es ist ein
Streichquartett, sogar ein hervorragendes! Aber die vier Damen dieses
Quartetts begnügen sich nicht, wie viele andere verdiente Quartette, mit
dem klassischen Repertoire, sondern sie suchen das Ausgefallene, oder
besser, sie finden es. Getrieben von Neugier und Vorurteilslosigkeit, wie
sie in diesem Ausmaß bei klassischen Musikern höchst selten zu finden ist,
durchstöbern sie die Rockmusik von Elvis Costello genauso wie den Tango
von Astor Piazzolla, tun eine mozartzeitgenössische Transkription des
„Requiems“ auf, die sie mit großem Erfolg ausgerechnet an Mozarts Todestag
mit atemberaubender Transparenz aufführen und auf CD aufnehmen und stoßen
schließlich auf Gershwin und seine musikalische und lyrische Welt. Die
Zusammenarbeit dieser sechs KünstlerInnen (das große „I“ gehört in diesem
Falle Willi ...), an der ich die große Freude hatte, Anteil zu haben, war
höchst amüsant und beglückend. Beseelt von der wunderbaren Musik suchten
alle auf gleicher Augenhöhe nach der richtigen Entsprechung des englischen
Wortwitzes im Wienerischen, der spannendsten musikalischen Phrasierung und
der adäquatesten musikdramatischen Umsetzung. Allzu leicht wäre es
gewesen, einfach alle Lieder auf Englisch zu singen. Die geniale
Transkription von Gershwins Musik für das Streichquartett – genial
umgesetzt von Michael Radanovics, dem langjährigen Geiger des Motus
Quartetts – gesungen von Tini und Willi, wäre bereits sensationell
gewesen. Aber niemand wollte sich damit zufrieden geben, lediglich eine
komplett neue Sichtweise auf Gershwins Musik zu finden. Alle wollten die
Zuhörer so unmittelbar ansprechen, als wären diese Lieder nur für sie und
für unser Heute komponiert worden. Also hören wir ihnen zu, wenn sie uns
erzählen von den großen Dramen der kleinen Existenzen, denn es sind ja
doch unsere eigenen.
Markus Kupferblum